Noch liegt der Wein in den Fässern, aber bald wird der Jahrgang 2020 abgefüllt. Der Traminer wurde mit 98 Oechsle und einer großartigen Traubenqualität gelesen. Der Dornfelder fand immerhin mit 85 Oechsle seinen Weg in den Weinkeller. Durch den Spätfrost im Mai musste bei der Lese jedoch nach dem Prinzip „die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen“ aussortiert werden. Die warmen Temperaturen im April ließen die Stöcke sehr früh austreiben. Im Mai fielen die Temperaturen in einer Nacht teilweise bis minus fünf Grad, was den Weinstöcken zusetzte und viele Austriebe erfrieren ließ. Wenngleich Mutter Natur im Anschluss einen guten Job gemacht hat und Geiztriebe sprießten, war die Erntemenge schlussendlich relativ gering.
Fluch und Segen der Geiztriebe
Einerseits sind die Geiztriebe nach einer Spätfrostnacht bitter nötig, um die Ernte zu retten, da der Geiztrieb die Rolle der Triebspitze übernimmt, die Nährstoffe nach oben zieht und somit dafür sorgt, dass die darunterliegenden Trauben entsprechend versorgt werden. Andererseits führen die neuen Triebe zur Verdichtung der Laubwand im geschädigten Weinberg, was Pilzbefall begünstigt. Wenn der Winzer zu spät reagiert, hat der Mehltau die Weinstöcke fest im Griff und die vermeintlich gerettete Ernte geht mintunter doch verloren. Ich habe den richtigen Zeitpunkt leider verpasst. Hinzu kam Hitze, Trockenheit und somit Wassermangel. Wie andere Winzer musste auch ich großzügig wässern. Das Jahr 2020 barg also in vielerlei Hinsicht diverse Herausforderungen, nicht nur coronabedingt.
Von der Traube in die Flasche
Mit nur 400 Liter Ertrag habe mich daher entschlossen Müller-Thurgau als Traubensaft zuzukaufen und den Extrakt der weißen Trauben mit dem Dornfelder zusammen zu Rotling auszubauen. Abfüllen möchte ich diesen roséfarbenen Wein in Schlegelflaschen. Der Traminer soll als Spätlese in den Bocksbeutel gefüllt und zur Qualitätsweinprüfung angemeldet werden. Ich bin auf das Gesamtergebnis gespannt. Doch noch ist es nicht soweit, denn im Moment schlummert der Wein noch auf seiner feinen Hefe in den Weinfässern.